Ab dem 2. November steht uns der „Lockdown light“ ins Haus. Hotels dürfen keine Touristen aufnehmen und selbst von Tagesausflügen außerhalb der eigenen Region wird abgeraten.
Die Definition „eigene Region“ ist recht schwammig. Für mich ist alles, was im Radius von 1-2 Stunden mit dem Auto erreichbar ist, noch „Nahbereich“ und qualifiziert für einen Tagesausflug. Letzten Sonntag z.B. war im Taunus rund um den Großen Feldberg der Teufel los. Nur ein paar Kilometer abseits war fast nichts los. Da fahre ich lieber eine Stunde ins „Nichts“ als mich hier vor der Haustür ins Getümmel zu stürzen. Das nur am Rande.
Ich gehe beim „Lockdown light“ der Intension, die Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren, komplett mit. Zwei Experten – drei Meinungen: Wenn selbst die Experten sich uneins sind, werde ich mir bestimmt nicht anmaßen zu behaupten, was richtig und was falsch ist. Ich beobachte nur und mache mir meine Gedanken bzw. stelle Fragen in den Raum.
Wegen Reisen im August, September und Oktober innerhalb Deutschlands, in die Schweiz und Abstecher nach Österreich (Berichte folgen noch) habe ich mich im Rahmen der Reiseplanung mit den Corona-Regeln unserer südlichen Nachbarländer zu dem jeweiligen Reisezeitraum auseinandergesetzt. Da war mitunter wieder mehr erlaubt als bei uns.
Wie auch im Beitrag über die Ausgangsbeschränkungen im Berchtesgadener Land erwähnt, habe ich den ganzen Sommer über beobachtet, dass sich immer weniger Personen die Mühe gemacht haben, die Abstandsregeln einzuhalten. Es ist so einfach, an einer Engstelle kurz zu warten oder mal bei Begegnungen zwei Schritte zur Seite zu gehen.
In allen unseren Nachbarländern sind die Zahlen jetzt im Herbst vor Deutschland explodiert. Somit hat noch kein westeuropäisches Land, einen geeigneten dauerhaften Umgang mit Corona gefunden. Auch wenn ich über die Sorglosigkeit vieler MitbürgerInnen aufgeregt habe, vielleicht spielen da doch die deutschen Tugenden eine Rolle, dass sich viele doch an die Regeln gehalten haben.
Seit mein Landkreis Risiko- bzw. Hochrisikogebiet wurde und es eine Maskenempfehlung in unserer Fußgängerzone gibt, beobachte ich, dass gegenüber dem Sommer wieder mehr auf Abstand geachtet wird und Leute ohne Maske komisch angeschaut werden. Das ist mir in der letzten Woche positiv aufgefallen.
Was mir aber Sorgenfalten auf die Stirn treibt, ist, dass Frankfurt die Grenze von 50 bzw. 75 Neuinfektionen pro 100K Einwohner in den letzten sieben Tagen Anfang Oktober gerissen hatte. Wegen des am 2. Oktoberwochenende noch geltenden Beherbergungsverbots in Bayern für Leute mit Wohnsitz in einem innerdeutschen Risikogebiet, durften wir, wie berichtet, den Urlaub frühzeitig abbrechen.
Seit dem 16.10.2020 gelten in Frankfurt strenge Corona-Regeln und seitdem ist die 7-Tage-Inzidenz von 75 auf fast 230 gestiegen. Jeden morgen schaue ich mir die Zahlen an und warte seit Tagen darauf, dass eine Trendumkehr einsetzt. Vergeblich.
„Aufenthalte im öffentlichen Raum sind nur alleine oder in Gruppen von höchstens fünf Personen aus maximal zwei Haushalten oder mit den Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes gestattet.“ Wurde das eingehalten oder kontrolliert? Selbst hier im Vorort, wo die gleiche Regel gilt, habe ich diverse Verstöße beobachtet. Sollten die Maßnahmen von Mitte Oktober in Frankfurt nicht nach zwei Wochen eine erste Wirkung zeigen?
Der Hochtaunuskreis veröffentlicht seit zwei Wochen Zahlen der mit Corona infizierten Personen. Bei mir im Ort sind zwischen den beiden bisher erfolgten Meldungen 30% der Infizierten seit Beginn der Pandemie innerhalb einer Woche hinzugekommen. Auch wenn wir die Dunkelziffer aus dem Frühjahr außer Acht lassen, zeigen die Zahlen trotzdem, dass die Situation aktuell ernst ist und sich jeder etwas zurückhalten sollte.
Ich habe das Beispiel aus Frankfurt extra so ausführlich beschrieben, da ich deshalb nicht glaube, dass der „Lockdown light“ nach dem November vorbei sein wird. Im Frühjahr haben wir gesehen, dass die Zahlen schnell steigen, aber langsam abflachen. Mit den Beobachtungen der aktuellen Situation muss man kein Orakel sein, dass der „Lockdown light“ bestimmt bis Mitte Dezember verlängert wird. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.
Normalerweise fahre ich in den Weihnachtsferien nach Österreich zum Skifahren. Österreich hat im Moment eine deutlich höhere Inzidenz als Deutschland und für komplett Österreich besteht bis auf die Enklarven, die nur von Deutschland aus erreichbar sind, eine Reisewarnung. In den Nachrichten auf OE3 wurde der „Lockdown light“ fast schon belächelt, da die Zahlen in Österreich deutlich höher waren.
Jeder hat es mit seinem Verhalten selbst in der Hand wie es weitergeht. Ich gehe davon aus, dass Reisen selbst in innerhalb Deutschlands (wie ist die Lage bei Wintercampern?) bis Jahresende nicht möglich sein werden. Alpen und Skifahren in den Weihnachtsferien wird sich vermutlich auch erledigt haben. Ab dem 8.11.2020 gilt die neue Quarantäneverordnung und dadurch reicht ein negativer Corona-Test, der bei der Einreise nicht älter als 48 Stunden ist, nicht mehr aus. Man kann sich dann erst 5 Tage nach Einreise durch einen negativen Test „freikaufen“. Wer kann es sich leisten, zu sagen, ich gehe Skifahren und danach nehme ich noch zusätzlichen Urlaub, um mich „freitesten“ zu lassen? Wäre es mit dem Datenschutz vereinbar an den Grenzen die Kennzeichen von Reiserückkehrern zu scannen und diese dann von den Gesundheitsämtern kontrollieren zu lassen, ob sie die Quarantäne einhalten?
Ich bin ein Verfechter unserer Freiheitsrechte und begeistert vom EURO und der Freizügigkeit im Schengen-Raum. Trotzdem würde ich Einschränkungen/Kontrolle im Rahmen des Gesundheitsschutzes bei Reiserückkehrern vom Skifahren in Kauf nehmen.
Die Politik argumentiert aktuell noch, dass der „Lockdown light“ im November nötig ist, damit man Weihnachten im Kreise der Familie feiern kann. Ich würde die Maßnahmen wahrscheinlich auch nicht anders verkaufen, aber 2-3 Schritte weitergedacht, sieht es aus meiner Sicht nicht gut aus.
Wie gesagt, habe ich das Reisen dieses Jahr für mich abgeschrieben und ich lasse mich gerne positiv überraschen. Ende Dezember/Anfang Januar werden wir schlauer sein und ich bin schon gespannt, wie ich rückblickend auf diesen Beitrag schauen werde.
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